SURFEN UND ARBEITEN – WIE GEHT SURF-WORK-BALANCE?
Serie #9 – Flugbegleiterin und Surferin Daniela
Ich gebe es zu: Vor vielen Jahren habe ich den den Pilotentest gemacht – und bin jämmerlich gescheitert! Kein Wunder, weder Mathe noch Physik waren in der Schule meine Stärken – trotzdem wollte ich meinem Traum eine Chance geben: Als Surfer mit dem Job als Pilot immer unterwegs sein – auf dem ewigen Surftrip „nebenher“ Geld verdienen, das war mein Wunschtraum! Weil es bei mir nicht geklappt hat mit dem bezahlten Surftrip, wollte ich mal bei jemandem nachfragen, der beruflich in die Luft geht und nebenbei auch noch surft: Daniela, Wellenreiterin und Flugbegleiterin!
Ich dachte immer, als Pilot oder Flugbegleiter arbeitet man ein paar Stunden and Bord und hat dann an der Zieldestination (die natürlich ein Weltklasse-Wellen-Spot ist) vom Arbeitgeber ein paar Tage Pause verordnet, bevor es wieder weiter geht (an den nächsten Weltklassespot).
Natürlich wird der Boardbag mit drei Surfboards ohne Probleme überallhin gratis mitgenommen und per Shuttle ins Hotel gebracht, die Zeit zwischen den Flügen verbringe ich am Strand und im Line-Up und verdiene damit indirekt auch noch mein Gehalt.
Die naive Traumvorstellung eines Surfers? Wahrscheinlich! Oder, Daniela?
Surferfreundlicher Dienstplan!
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Daniela, du bist 26 und wohnst in Frankfurt – in Deutschland kann man kaum weiter weg vom Meer wohnen. Ist der Job als Flugbegleiterin dein Weg, um regelmäßig ins Line-Up zu kommen?
Daniela
Genau genommen bin ich in meinen jetzigen Job eher reingerutscht als dass ich ihn bewusst ausgesucht habe. Ich habe vor der Fliegerei Eventmanagement studiert und wollte nachdem
ich das Studium abgeschlossen habe eigentlich auch in dem Beruf arbeiten. Da habe ich gesehen, dass die Airline Flugbegleiter sucht. Fand ich einen netten Ausgleich nach dem Studium. Wollte das eigentlich nur zwei Jahre machen, dabei die Welt sehen und danach wieder zurück in meinen studierten Beruf. Tja falsch gedacht. Wer einmal mit der Fliegerei angefangen hat wird sie so schnell nicht wieder los. Und jetzt, wo ich meine große Liebe, das Surfen, mit meinem Job verbinden kann werde ich den Teufel tun, das so schnell wieder aufzugeben.
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Bleibt denn zwischen den Flügen genug Zeit zum Surfen – oder ist das meine Traumvorstellung?
Daniela
Surfen findet definitiv nicht einfach nur irgendwo Platz. Ich würde sagen, ich bin in einer sehr glücklichen Position, dass ich beides miteinander vereinen kann. Mein Job ist nach dem Flug, im Gegensatz zu vielen anderen Berufen in denen man viel reist, abgeschlossen. Der Aufenthalt an der jeweiligen Destination ist dann quasi Freizeit während der Dienstzeit. Ich versuche meinen Dienstplan so surferfreundlich wie möglich zu gestalten. Wir können uns zwei Flüge pro Monat „wünschen“ – meine Wahl fällt immer auf Los Angeles, weil ich dort gute Freunde und Wellen habe. Ein Los Angeles-Flug bringt vier Tage Ruhezeit – bedeutet vier freie Tage.
Ein Job der glücklich macht!
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Wie ist denn deine Surf-Work-Balance derzeit?
Daniela
Prozentual auf den Monat gerechnet verbringe ich momentan mehr Tage auf meinem Board als im Flugzeug. Das klingt jetzt wahrscheinlich für viele komisch. Aber man muss berücksichtigen, dass ich pro Monat maximal 94 Stunden fliegen darf, was wirklich eine ganze Menge ist. Ein Los Angeles-Trip bringt mir zum Beispiel knapp 27 Flugstunden. Ich bin aber fast vier komplette Tage von zu Hause weg. Dadurch, dass mindestens zweimal pro Monat nach Los Angeles fliege und dann noch versuche, privat weg zu kommen, kommt das schon hin mit mehr Zeit auf dem Board als an Bord.
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Du bist ja eigentlich eine landlocked Surferin und verbringst trotzdem mehr Zeit auf dem Board als bei der Arbeit – sollte jeder Surfer für eine Airline arbeiten?
Daniela
Mein Tipp ist: Sucht euch einen Job der euch glücklich macht. Flugbegleiter oder Pilot ist sicher nicht für jeden Surfer etwas. Mir bietet der Job die perfekte Möglichkeit, viel Surfen zu gehen. Wobei ich ehrlich zugeben muss, dass es manchmal ganz schön hart ist. Nach einem LA-Flug ist man schon um die 16-18 Stunden auf den Beinen, dazu kommt dann noch die Zeitverschiebung. Es kommt vor, dass ich nach deutscher Zeit um zwei Uhr Nachts im Line Up sitze und schon 24 Stunden wach bin. Aber der Pazifik ist ja zum Glück kalt genug, um mich wach zu halten.
Surfen als Passion!
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Haben deine Kollegen Verständnis für deine Leidenschaft?
Daniela
Als Flugbegleiterin hat man nie feste Kollegen, mit denen man immer wieder zusammen arbeitet. Die Crew wird vor jedem Flug komplett neu zusammen gewürfelt und man trifft sich eigentlich wirklich selten zweimal. Aber sobald dann die Frage aufkommt, was man so fürs Layover (also für die Zeit vor Ort) geplant hat, erzähle ich dann doch immer, dass ich Surfen gehe. Die meisten Kollegen sind eigentlich immer total begeistert von meinem Hobby und wollen dann näheres darüber wissen. Wobei Hobby eigentlich nicht die Passion ausdrückt, die ich für das Surfen empfinde.
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Nimmst du dein Boardbag immer mit?
Daniela
Naja, dadurch dass ich in LA inzwischen ein eigenes Board stehen habe, stellt sich mir die Frage nicht. Aber wenn ich zwischen meinen Flügen privat verreise, ist mein Baby natürlich immer dementsprechend in seiner Socke und Boardbag verpackt.
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Hilft dir deine Surf-Erfahrung in deinem stressigen Job?
Daniela
Ich muss sagen, dass ich durch das Surfen wesentlich entspannter geworden bin. Ich mag einfach auch den Lifestyle sehr. Gerade als Frau geht es in meinem Job oft sehr darum wie man aussieht, wie man geschminkt ist, was man für Klamotten trägt, wie man sich die Haare gemacht hat usw. Klar kann ich als Flugbegleiterin nicht vollständig auf Make-Up und Haarspaß verzichten. Aber ich glaube, selbst in der Uniform kommt bei mir inzwischen das Surfergirl durch. Das mag ich so sehr am Surfen – dass nur man selbst, sein Board und die Welle wichtig ist. Äußerlichkeiten sind im Line-Up egal.
Verliebt ins Surfen!
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Würdest du Surfen für den Job aufgeben – oder andersrum?
Daniela
Ich bin wirklich verliebt in die Surferei. Und ich will auch nie wieder ohne mein Board und ohne Wellen sein müssen. Aber mein Job bringt mir Geld für die ganzen Surftrips, und dazu bin ich in der glücklichen Position, dass ich beides miteinander verbinden kann. Davon abgesehen macht mir mein Job auch Spaß. Wer sonst beendet seinen Arbeitstag am anderen Ende der Welt?
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Welche Voraussetzungen müssten für dich gegeben sein, damit du an einen Surfspot ziehst? Und wo wäre das?
Daniela
Gerade als Flugbegleiterin hat man dazu eigentlich die Chance. Ich habe keine geregelte Arbeits-Woche, in der ich jeden Tag zur Arbeit muss. Ganz viele Kollegen wohnen nicht in Frankfurt, sondern irgendwo auf der Welt verstreut. Da ich momentan aber ja auch so sehr oft ins Wasser komme, kommt das für mich gerade nicht in Frage. So eine Shuttelei ist nämlich auch ganz schön mit Aufwand verbunden. Und ich wüsste gerade auch nicht, wo es mich außer LA eventuell für länger hinziehen könnte.
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Wie geht es bei Dir weiter – job-und surftechnisch?
Daniela
Jobtechnisch werde ich auf jeden Fall Flugbegleiterin bleiben. Es gibt ja die Option, dass ich irgendwann auf Teilzeit wechseln kann und dann noch was anderes nebenher mache, wie zum Beispiel meinen Blog flyingsurf.tumblr.com weiter aufbauen.
Was das Surfen angeht, will ich bald auf ein kürzeres Board wechseln. Ich surfe momentan noch ein 7.3 Minimal, was für den Sommer in Europa und auch für den Sommer in LA echt super geeignet ist. Aber so langsam mache ich Fortschritte, was Turns fahren angeht, außerdem werde ich immer mutiger in größeren Wellen.
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Daniela, vielen Dank für das Gespräch! Deine Surf-Work-Balance ist wirklich beeindruckend – wenn ich nicht schon mal durch den Pilotentest gerasselt wäre, dann würde ich das jetzt glatt versuchen. Viel Spaß weiterhin beim Surfen und Fliegen!
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