Campen auf Mallorca: Ein Erfahrungsbericht mit Tipps und Unterkünften
Mallorca – oder, wie viele behaupten, auch Deutschlands einziges Bundesland auf einer Insel. Über das spanische Eiland werden viele Klischees erzählt, einige mögen stimmen, die anderen sind Humbug. Was aber definitiv wahr ist – ich habe es selber überprüft – wer zum Campen nach Mallorca kommt, der muss schon genau wissen wo was geht.
Auf Mallorca gibt es Millionen von touristenfreundlichen Betten in 1600 Hotels und Fincas, nur für Isomatte und Zelt gibt es wenig (offiziellen) Platz – Campen auf Mallorca ist definitiv kein Verkaufsschlager in Reisebüros. Wieso ist das so? Will niemand auf Mallorca campen? Quatsch – hier ist die Antwort und der etwas andere Guide zum campen auf Mallorca! (detaillierte Infos am Ende des Artikels)
Mallorcas härtestes Gästebett
Wenn Lucas Partel und Michael Clark im Urlaub Frühstück essen, gibt es Instant-Nudelsuppe mit einer Scheibe Brot vom Vortag. Eigentlich brauchen die beiden dafür nur etwas heißes Wasser, aber der Gaskocher hat mit der Brise zu kämpfen, die an diesem Tag über den Ort Cala Murada an der Ostküste Mallorcas weht. Lucas und Michael gehören einer Spezies an, die auf Mallorca äußerst selten anzutreffen ist – die beiden sind leidenschaftliche Camper. Ihre Zelte haben sie auf dem „Hipocampo“ aufgeschlagen, dem einzigen offiziellen Platz für faltbare Unterkünfte auf der Insel. „Auf Mallorca gibt es noch ein paar private Grundstücke wo das campen zumindest nicht bestraft wird“, berichtet Lucas und pustet die Hitze aus seiner Frühstücks-Suppe, „aber bis auf den Platz für das Zelt ist da auch weiter nichts.“ Zelte, Wohnwagen und Wohnmobile sind auf Mallorca nicht gerne gesehen, vor allem die Hoteliers wehren sich bisher erfolgreich gegen den Bau von Campingplätzen. Eine taugliche Infrastruktur mit sanitären Anlagen, einer Gemeinschaftsküche und reichlich Platz für ihr Zeltdach über dem Kopf finden die naturverbundenen Übernachtungsgäste bislang nur im Hipocampo.
Heute Morgen tönt Reggae-Musik aus Michaels Transistorradio durch den kleinen Pinienhain, Bob Marley ist irgendwo in der hiesigen Prärie mit seinem Buffalo-Soldier unterwegs, die dünne Zeltwand vibriert bei jedem dumpfen Basston. Hippie-Musik und Instant-Suppe, das gibt es in den Luxusressorts oder noblen Fincas der Balearen-Insel nicht – dort bewegen sich die Gäste wahrscheinlich gerade in Richtung des reichhaltigen Frühstücksbuffet, auf der Suite streicht die Zimmerdame derweil das frisch gestärkte Bettlaken zurecht.
Campen auf Mallorca = Tütensuppe in Olivenbäumen
Bei Lucas und Michael hängen die Nahrungsvorräte in Plastikbeutel verpackt in den umliegenden Bäumen, da oben im Geäst ist ihr Essen vor Mäusen und ähnlichem Getier in Sicherheit. Campingutensilien liegen überall zwischen den beiden Stoffbehausungen verstreut. Die beiden sind Hobby-Kletterer und schon ein paar Monate in Europa unterwegs, nach Mallorca haben sie die statt eines Fluges die günstigere Fähre genommen. Während ihrer Suche nach den besten Felsen übernachten Lucas und Michael meistens im Zelt am Fuß der Berge, vom Hipocampo aus ist der Gebirgszug Serres de Llevant nicht weit. Das harte Gästebett, lauwarme Tütensuppe, keine Privatsphäre, all das macht den beiden nichts aus, im Gegenteil, sie lieben diese Art des Reisens. „Heute morgen wurde ich wach weil eines der Hühner auf meinem Kopf herum pickte“, erklärt Lucas und grinst, „passiert, wenn man vergisst, die Zeltplane zu schließen und das `Bitte nicht stören`- Schild raus zu hängen.“ Eine Nacht in der spartanischen Camper-Welt kostet drei Euro pro Person, sieben berechnet der Vermieter für ein Zelt. „Mallorca ist eine wunderschöne Insel, aber es gibt einfach viel zu viele teure Hotels, Restaurants und Autos“, erklärt der US-Amerikaner Michael, „das hier ist unsere kleine Oase, so wollen wir Urlaub erleben.“
Im Jahr 2013 kamen rund acht Millionen Touristen auf die spanische Mittelmeer-Insel, die meisten davon wohnen in einer der ungefähr 1600 Hotelanlagen oder mieten sich eine Finca. Wie viele der Besucher im Schlafsack nächtigen oder gar mit dem eigenen Wohnmobil auf die Insel übersetzen, darüber hat die mallorquinische Tourismus-Behörde keine verlässlichen Zahlen. Die jährliche Anzahl der Mallorca-Camper reicht noch nicht mal für einen statistischen Wert.
Camper auf Mallorca gehen zu Familie Salme
Die wenigen, die es mit Zelt und Schlafsack hier her verschlägt, finden auf dem „Hipocampo“ bei Familie Salme ein temporäres Zuhause. Tochter Carolina ist die Managerin der Anlage, die ihre Eltern 1986 gekauft haben. Ihr Vater wollte damals nicht einfach einer der bereits zahlreich anwesenden Hoteliers werden, er suchte nach der Marktlücke und wurde in Cala Murada fündig. Ein acht Hektar großes Grundstück, eingebettet in die einsamen Hügel und kleinen Wälder aus Olivenbäume an der Ostküste. Hier gibt es jede Menge Platz für freiheitsliebende Camper, der Strand ist nur einen Kilometer entfernt. Die Salmes zogen in das Haupthaus der Finca, aus dem ehemaligen Schweinestall wurde die Rezeption. Das Nachbargebäude bietet den Gästen inzwischen alles, was ein Camper eben so benötigt: die kleine Kochnische, eine durchgesessenen Sofaecke und vier Kühlschränke zur allgemeinen Verfügung. Der Fernseher ist eine Miniatur-Ausgabe und seit zwei Jahren kaputt – beschwert habe sich aber noch keiner der Gäste. Zum Zeitvertreib gibt es den großen Pool, einen sonnengebleichten Tennis- und den sandigen Bolzplatz. Wer möchte, kann sich im Freiluft-Fitnessraum austoben: Das einzige Sportgerät ist ein Crosstrainer. Zwischen den Palmen im Innenhof sind Hängematten angebracht, an der Wand der Finca und auf dem Dach des Frühstück-Pavillion wachsen rote Drillingsblumen.
Hier im Hipocampo herrscht eine Bescheidenheit, die eben nur genügsame Camper als Luxus verstehen. Der Stil soll nicht mallorquinisch anmuten – es ist ganz einfach mallorquin. „Ich habe in einem Fünf-Sterne-Hotel in Palma meine Ausbildung gemacht“, erzählt Carolina und grinst, „als das vorbei war bin ich so schnell wie möglich hierher zurück gekommen.“ Inzwischen hat sie viele Stammcamper, Spanier vom Festland, aber auch Europäer kommen jedes Jahr auf den Hipocampo zurück. „Mallorca heißt Camper nicht gerade willkommen, deshalb ist bei uns nur die entspannte Elite zu Besuch“, sagt Carolina und grinst, „von Parzellen oder Küchenbenutzungsplan wollen meine Leute hier nichts wissen.“ Rund 30 Gäste pro Nacht bringt sie im Durchschnitt in der Hochsaison auf ihrer Finca unter, ein paar mehr hätten auf dem weitläufigen Grundstück aber nach ihrem Empfinden schon noch Platz. Ein ganz besonderer Menschenschlag seien ihre Camper: „Die Menschen, die bei uns unter kommen sind sehr offen und als Gäste wirklich unkompliziert – wir sind eine große Familie.“
Mit dem Wohnmobil auf Mallorca
Zu dieser Familie gehören normalerweise auch die großen Wohnmobile, oft mit deutschen, englischen oder holländischen Ruheständlern am Steuer. Doch die verirren sich bisher nur selten ins Balearen-Paradies. Carolina überlegt: „Ich glaube, vor zwei oder drei Jahren war mal einer mit einem Wohnmobil hier.“ Die teure Fähreüberfahrt mag ein Grund dafür sein, ein anderer bestimmt die fehlende Infrastruktur. Es gibt auf der Insel noch keinen einzigen Campingplatz für Wohnmobile, nur so genannte Stellplätze. In Inca zum Beispiel befindet sich dieser am Stadtrand und ist ein einfacher Parkplatz. Zwanzig Parkbuchten, sechs Steckdosen und ein Loch im Boden für die Bordtoilette – mit einem romantischen Camping-Urlaub hat dieses Szenario wenig gemein.
Besser soll das demnächst auf der Finca von Bärbel Eggert in Porreres aussehen. Die Deutsche baut ihr Grundstück gerade zum Wohnmobilplatz um – parzelliert nach deutschen Standards. Sie ist selber Camper und schon lange auf Mallorca. „Die Idee hatte ich, als mich immer mehr deutsche Camper-Kollegen nach Stellplätzen für ihre Wohnmobile auf der Insel fragten“, erklärt sie, „es gab keine!“ Wenn sie Anfang Juni eröffnet will sie sogar Dauerstellplätze anbieten, mit Strom- und Wasseranschluss und genug Platz für Gartenzwerge. Natürlich sind auch Zelte willkommen. Aber als Konkurrenz zum Hipocampo sieht sie sich nicht, schließlich ist ihre Zielgruppe eine andere, und „Platz genug zum campen gibt es auf der Insel ja sowieso.“
Camper-Luxus auf Mallorca
Auch Carolina im Hipocampo blickt zuversichtlich in die mallorquinische Camper-Zukunft. Sie ist schon ganz zufrieden mit ihrer Gäste-Auslastung, und die Entwicklung ist durchaus positiv. Denn in letzter Zeit kommen sogar öfter mal Mallorqiner aus Palma übers Wochenende auf ihre Campingplatz: „Oft wissen die Leute aus der Großstadt gar nicht so genau, was zelten eigentlich ist“, erklärt die 27-Jährige und schmunzelt. Einmal habe sich ein Landsmann vor seinem zweitägigen Aufenthalt mehrfach von ihr telefonisch zusichern lassen, dass eine funktionierende Toilette samt Toilettenpapier auf dem Hipocampo rund um die Uhr zur Verfügung steht.
Für Lucas und Michael, die beiden Profi-Camper, ist das alles kaum nachzuvollziehen. Ihre Antwort auf die Frage, ob sie die harte Isomatte mit einem gratis Luxushotelbett tauschen würden, fällt eindeutig aus: „Auf gar keinen Fall, dort gibt es doch keine Bäume, in denen wir unseren Proviant aufhängen können.“ Dann verabschieden sich die beiden, sie wollen zum baden ans Meer. Auf dem Zeltplatz bleiben Lucas und Michael noch ein paar Tage, dieser spezielle Camper-Luxus hier ist einfach nirgendwo sonst auf der Insel zu finden.
Informationen zum Campen auf Mallorca
- Anreise
Flüge u.a. mit Air Berlin (www.airberlin.com), Condor (www.condor.com), Tuifly (www.tuifly.com) nach Palma de Mallorca ab zahlreichen deutschen Flughäfen realistisch je nach Reisezeit ab rd. 90€ pro Strecke.
Anreise mit dem Zug: Palma nach Manacor: Alle 55 Minuten für 3,55 Euro. Dann mit dem Bus von Manacor nach Calas de Mallorca (kein Fahrplan vorhanden!) 3,25 Euro. Von Calas de Mallorca zum Hipocampo mit dem Taxi (5 Euro) oder zu Fuß (1,5 Kilometer).
- Kontakt
Tel.: 0034-971-833-715
keine Voranmeldung nötig
Weitere Infos: Fomento del Turismo de Mallorca, Calle Constitutió 1 in E-07001 Palma, Tel.0034/971/715310, www.fomentmallorca.org (auf Spanisch) bzw. auf Deutsch unter www.spain.info.
- Gebühr
Po Nacht und Zelt 3,- Euro
Pro Nacht und Person 7,- Euro
Unterkunft in einem Bungalow ab sechs Personen ab 48,- Euro
(Dieser Artikel ist auch erschienen in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, Mai 2015)
Wohnmobilplätze auf der Finca Son Pou in Felanitx – Mallorca
Hi Gunnar, danke für die Info. Werde ich nachtragen. Kannst du mich eventuell mit Infos und Fotos versorgen? Gruß, Stefan
hallo! ich habe mal eine frage; ich möchte gerne mit einem wohnmobil auf die insel kommen, etwa anfang dez. – ende märz 20, ist soetwas möglich bei euch, ich lese immer es würde kein campingpl. geben, habt ihr einen wo-stellplatz? wenn ja könnten sie mir vielleicht eine nachricht zukommen lassen, mail, mhg.wolfgang dlouhy
Hallo Wolfgang, ich selber betreibe keinen Campingplatz auf Mallorca – aber es gibt davon einige. Alles Gute, Stefan
Ich habe da ein persönliches Camping – Highlight auf der Insel für mich entdeckt. In der alten Getreidemühle Son Roig nahe Santa Maria del Cami. Ein Baumzelthotel Bzw. Campingplatz mitsamt modernen Sanitäranlagen etc.
Dort schläft man wie in einer Hängematte unter Sternen.
Als Link zum direkt vorbeischauen (falls man nicht auf steinigem untergrund schlafen möchte: sonroig.de)
Hallo Jonas, danke für den Tipp! Werde ich in den Artikel einarbeiten!! Stefan
Toller Artikel, er hat mich gerade dazu zum Überlegen gebracht, ob ich nicht mal in Mallorca campen sollte.
Sehr cooler Artikel!
Vielen Dank – freut mich!