BUCH-CHECK | So liest sich Surfing. 1778 – 2015 von Jim Heimann

Es dürfte sprichwörtlich das neue Schwergewicht in der Surf-Literatur sein: „Surfing. 1778 – 2015“ von Jim Heimann hat knapp 600 Seiten, wiegt geschätzte zehn Kilo und ist irgendetwas zwischen Coffe-Table-Book, Nachschlagewerk und Foto-Bildband. Ist das epische Werk mit rund 900 Fotos aus über 200 Jahren Surf-Geschichte trotz des Preises von 150 Euro ein Muss für jeden Surfer-Enthusiasten? Hier ist meine Einschätzung!

Der Paketbote verdreht die Augen und drückt mir die Lieferung mit einem gestammelten „das ist aber ziemlich schwer“ in die Hand. Der TASCHEN Verlag hat mir freundlicherweise ein Exemplar dieser Wellenreit-Lektüre zukommen lassen. Der Auftritt alleine ist schon mal überzeugend: Die Maße, der massive Einband, verpackt in einem eigens dafür kreierten Karton. Ok, ich gebe es zu, ich bin beeindruckt – ich hatte keine Ahnung, wie außergewöhnlich das Buch inhaltlich und in der Erscheinung wirklich ist.

Die neue Bibel des Surfens

Beeindruckt war nach eigener Aussage allerdings auch der Autor, Jim Heimann, als er sich vor knapp vier Jahren an rund 7000 Fotos machte, um eine Auswahl von 900 Bildern in ein 600-Seiten-Werk zu pressen. Ihm erschien die Aufgabe zu Beginn unmöglich: „Um der Fülle an Bildern und dem Thema gerecht zu werden, wären mehrere Bände vonnöten. Surfen ist einzigartig, was seinen Einfluss auf Musik, Mode, Lifestyle und Sprache betrifft, und es nimmt diese und andere Elemente der Alltagskultur bereitwillig in sich auf, um den Sport weiter voranzubringen. Die Aufgabe, einen einzelnen Band zusammenzustellen, der all diese Aspekte widerspiegelt, war folglich ein nicht zu unterschätzendes Unterfangen.“

Kulturschaffender, Grafikdesigner, Surfer – das ist Jim Heimann

Ordnung hat der Autor hat der Autor geschaffen, indem er die verschiedenen Epochen des Surfens in fünf Kapitel unterteilt hat: Von den Anfängen über die kommerzielle Entwicklung des Surfens bis hin zur Multi-Millionen-Dollar-Industrie. Der Wälzer ist übersichtlich, wer sich für eine bestimmte Thematik interessiert, findet seinen Weg schnell zur richtigen Epoche. In den 60er Jahren in Kalifornien geboren wurde Jim Heimann Kulturantrophologe, Grafikdesigner und Executive Editor beim TASCHEN Verlag in Los Angeles – und natürlich zum Surfer in einer Zeit, in der das Surfen zu einem Lifestyle wurde.

Die Mischung aus Text und Bild ist bei „Surfing. 1778 – 2015“ gelungen – die Lese-Passagen sind nicht zu lang geraten und mit Anekdoten, Erinnerungen und Fakten aus der jeweiligen Epoche gut gefüllt. Heimann hat Experten der Zunft, Surflegenden, führende Köpfe der Surfbranche und altgediente Fotografen nach ihren Erlebnissen befragt. Spannend fande ich die Erzählungen aus den 50er Jahren – ein Surfer von damals erzählt, dass in Kalifornien nur rund 5000 Wellenreiter lebten – wenn man ab und zu einen anderen Surfer am Strand sah unterhielt man sich miteinander und gab sich Tips für andere Wellen. Heutzutage ist das eher eine Seltenheit, auch dürfte sich die Zahl der Surfer eher verzehnfacht haben.

Bist DU ein Surf-Nazi?

Das besondere aber an „Surfing. 1778 – 2015“ sind natürlich die Bilder und Illustrationen. Von Sammlerstücken aus verschiedenen Jahrhunderten bis hin zu modernen Surffotografien ist alles vorhanden. Besonders gut finde ich die abgebildeten Kleidungsstücke der verschiedenen Epochen, so manches Teil aus den 50er Jahren wäre heute an jedem Strand mega-modern! Toll ist auch der Blick auf die Entwicklung der Surfboards – übersichtlich gestaltet auf ausklappbaren Innenseiten. Überhaupt vermitteln die einzelnen Fotos, Plakate und Illustration sehr anschaulich, welchen Einfluss das Surfen auf die Gesellschaft der einzelnen Jahrzehnten hatte: Die Kinoplakate von „Endless Summer“ und „once upon a wave“, den Einfluss der Surfer auf den Umweltschutz und der Anti-Kriegs-Bewegung, die Bewegung der Pop-Culture in den 80igern. Interessant auch, woher der Begriff des „Surf Nazi“ wirklich stammt – ach ja, dem Buch liegt übrigens eine Übersetzung in Deutsch und Französisch bei.

Geh Mind-Surfen mit Surfing. 1778 – 2015!

„Surfing. 1778 – 2015“ ist kein Buch zum lesen, eher zum staunen, anschauen und schwelgen. Die Mischung aus Information, eindrücklichen Bildern und grafischen Materialien ist super. Egal ob du etwas Bestimmtes aus 200 Jahren Surfen erfahren möchtest oder einfach nur auf der Suche nach ein wenig Ablenkung bist, irgendwo in den 600 Seiten wirst du fündig werden. Auf jeden Fall ein Must-Have für Fans des Wellenreitens, die ein Interesse über den gängigen Surfer-Lifestyle hinaus haben! Ergo: Das Schwergewicht der Surf-Literatur erleichtert zwar deinen Geldbeutel, stärkt aber mit Sicherheit deine Liebe zum Surfen!!

Die Bildrechte in der Reihenfolge der Bilder:

    1. Tó Mané / Courtesy TASCHEN
    2. Cover TASCHEN
    3. Ed Freeman / Courtesy TASCHEN
    4. Courtesy Jim Heimann Collection/ TASCHEN
    5. Paul Caddy / Courtesy TASCHEN
    6. Georges Dambier / Courtesy Benrubi Gallery, NYC / TASCHEN
    7. LeRoy Grannis Collection / Courtesy TASCHEN
    8. LeRoy Grannis Collection / Courtesy TASCHEN
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